09.10.2007

Josef Bartenschlager

Petersturm entstand 1450
Professor Bauch untersucht Bauholz

Dollnstein (baj) Die Marktgemeinde Dollnstein verfügt noch über nennenswerte Bausubstanz aus dem Mittelalter. Gerade untersucht ein Archäologe die Burg und datiert Steinfundamente bis ins 11. Jahrhundert zurück. Auch vom nördlichen Torturm, dem Petersturm, ist bekannt, dass er sehr alt ist.

Seine Errichtung wird oft mit Bischof Wilhelm von Reichenau in Verbindung gebracht, der das Wehrgebilde im Jahr 1490 errichtet habe. „Falsch“, sagte Professor Dr. Josef Bauch von Universität Hamburg am Sonntag bei einem Vortrag in Dollnstein. „Dieser Turm wurde bereits 1450 errichtet. Wilhelm von Reichenau hat lediglich einen Anbau vorgenommen und den Turm aufgestockt.“ Was den Professor so sicher macht, ist die Analyse des Holzes, in dem er lesen kann wie in einem Buch. Bauch kann sogar das genaue Fällungsdatum des Baumes feststellen, und die Eichen für den Petersturm wurden im Winter 1449/50 geschlagen.

Bauch, ein gebürtiger Dollnsteiner, ist Spezialist in der Altersbestimmung von Holz. Dendrochronologie nennt sich die Wissenschaft, die er betreibt und der Professor hat sie maßgeblich entwickelt. Das System basiert auf den Jahresringen der Bäume. Die Breite der Jahresringe hängt ab von der Temperatur, vor allem aber vom Niederschlag. Beide Faktoren fallen natürlich von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus und so entsteht in einem Stamm eine charakteristische Abfolge von Jahresringen, die sich nicht nur auf diesen Baum oder einem begrenzten Standort erstreckt, sondern sogar über ein größeres Wuchsgebiet.

In seinem Vortrag vor etwa 60 Gästen schilderte Bauch auch anhand von Lichtbildern seine Vorgehensweise. Zunächst benötigt er einen erst vor kurzem geschlagenen Baum. In Dollnstein ist sein Referenzbaum eine Eiche, die 1904 gepflanzt und 2006 gefällt wurde. Ausgehend von dessen Charakteristika kann der Wissenschaftler nun älteres Holz untersuchen und ermitteln, wo  die Jahresringe beider Stämme in ihrer Dicke und Ausprägung identisch sind, und wo diese Überschneidungen zeitlich einzuordnen sind. Auf diese Weise entsteht ein Jahresringkalender für eine bestimmte Gegend, der durchaus 1000 Jahre und mehr zurückreichen kann.

Mit Hilfe von Hermann Bauch und Hans Rehm konnte Professor Bauch rund 100 Holzproben aus Dollnsteiner Gebäuden entnehmen. Zur Untersuchung benötigt man  nicht den kompletten Balken. Vielmehr wird mit Hilfe eines speziellen Hohlbohrers eine Probe gezogen. Am liebsten sind Bauch Hölzer, an denen noch die Borke erkennbar ist. Dann kann er das Datum, an dem der Baum gefällt wurde, aufs Jahr genau angeben. Und da die Hölzer in der Regel im Herbst und Winter geschlagen und ab dem Frühjahr verbaut wurden, lassen sich auch präzise Angaben darüber machen, wann ein Gebäude errichtet wurde. Ist allerdings nur Kernholz verfügbar, gibt es einen Unsicherheitsfaktor von einigen Jahren, was aber immer noch sehr präzise ist.

Es gibt in Dollnstein noch einige Gebäude, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts gebaut wurden – oder es gab sie zumindest noch bis vor einigen Jahren. Am weitesten zurück reichen einige öffentliche Bauwerke: das Burgtor, die Burg selbst und der Petersturm. Für 1420 kann Bauch  Arbeiten am Burgturm nachweisen, der damals erhöht wurde. 1440 wechselte die Grundherrschaft zu den Bischöfen von Eichstätt und nun setzte eine rege Bautätigkeit ein. 1445 wurde die Burg komplett umgebaut zu einem Wirtschaftsgebäude. Der Petersturm wurde 1450 errichtet und gleichzeitig – obwohl nicht dendrochronologisch nachweisbar – die Ringmauer gebaut. Die mächtigen Balken des Petersturms von 1450 sind heute noch zu sehen: Sie bilden die Decke des Durchgangs.


 

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